Ernährung
Du bist wie und was du isst

Unsere Ernährung soll vielfältig sein. Kreativ. Abwechslungsreich. Gesund. Mit oder ohne tierische Produkte. Und schmecken soll es auch. Doch wie sollen wir bei den vielen Ansprüchen auch noch an Nachhaltigkeit denken? Und das mit einem stressigen Alltag oder einem knappen Haushaltsbudget in Einklang bringen? Bei den vielen heimischen Köstlichkeiten, Produzent*innen und Initiativen ist das gar nicht schwer. Wer einmal entdeckt hat, welche Vielfalt an heimischen Produkten im echten Norden vorhanden ist und wieviel CO2 diese im Vergleich zu Importware einsparen, genießt bewusster. Und oft auch gesünder. Doch zunächst hilft ein informativer Überblick über unsere Ernährung, ihre Produktion und deren Anteil an den CO2-Emissionen. Denn nur wer gut informiert ist, trifft bewusste Entscheidungen.
Informieren
Treibhausgase in der Landwirtschaft –
und wie sie reduziert werden können
Die heimische Landwirtschaft ist wichtig für unsere Ernährung. Nicht nur, weil sie Nahrung liefert, sondern weil sie regionale Produkte ohne weite Transportwege bereitstellt. Doch auch hier entstehen CO2-Emissionen. Laut Monitoring zum Energiewende- und Klimaschutzbericht 2021 trägt der Sektor Landwirtschaft gemäß der Konvention der nationalen Klimaberichterstattung mit rund 20 Prozent zu den gesamten Treibhausgas-Emissionen Schleswig-Holsteins bei. Mehr als die Hälfte dieser Emissionen stammt aus der Tierhaltung.
Unter Berücksichtigung des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) und den dort bilanzierten Quellen von Treibhausgasen, erhöht sich der Anteil der Landwirtschaft an den Gesamt-Emissionen auf rund 35 Prozent.
Woher kommen die CO2-Emissionen in der Landwirtschaft?
Nutzung von Moorböden
Hauptursache für die hohen Treibhausgasemissionen des LULUCF-Sektors ist die landwirtschaftliche Nutzung von trockengelegten Moorböden. Werden Moore entwässert, wird ein Großteil des Kohlenstoffs im Boden abgebaut. Und gelangt als CO2 in die Atmosphäre. Schleswig-Holstein ist mit 10 Prozent der Landesfläche ein sehr moorreiches Land. Etwa 16 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Böden in Schleswig-Holstein sind Moorböden. Mit dem Programm zum „Biologischen Klimaschutz“ arbeitet ein breites Bündnis von Politik und Zivilgesellschaft in Schleswig-Holstein deshalb daran, dass geeignete Flächen wiedervernässt werden.
Verwendung von Düngern
Werden beim Düngen Nährstoffe wie Stickstoff eingesetzt, nehmen die Pflanzen einen Großteil davon auf. Ein Teil wird jedoch als Treibhausgas N2O(Di-Stickstoffmonoxid, Lachgas) freigesetzt. Dieser Prozess lässt sich zwar nicht vermeiden, dafür aber durch reduzierte Düngung minimieren. In der Tierhaltung entstehen Ammoniakemissionen beim Lagern und Ausbringen von Wirtschaftsdüngern. Durch kurze Lagerzeiten und abgedeckte Läger lassen sich diese Emissionen reduzieren. Auch die Verwertung der Wirtschaftsdünger in Biogasanlagen kann diese Emissionen verringern. Und gleichzeitig fossile Energieträger durch das in Biogasanlagen erzeugte und energetisch genutzte Methan ersetzt werden.
Wiederkäuende Tiere
Während Kühe Gräser, krautartige Pflanzen oder Silo-Mais verdauen, wird Methan im Magen der Kuh gebildet und wieder abgegeben. Methan ist neben N2O ein weiteres, wichtiges Treibhausgas im Bereich der Landwirtschaft. Die CH4-Emissionen in der Wiederkäuerhaltung lassen sich jedoch nur schwer reduzieren. Bestes Mittel ist hier der Einsatz von hoch verdaulichen Futter, das die CH4 Emissionen je Liter produzierter Milch minimiert.
Futtermittelproduktion
Auch die Emissionen, die während der Erzeugung von Futtermitteln entstehen, müssen berücksichtigt werden. Futter, das auf Grünland produziert wird, gilt als klimafreundlicher. Kraftfuttermittel, welche auf dem Acker produziert werden, sind zwar für die Tiere hoch verdaulich, allerdings fallen hier zusätzlich Emissionen für die Produktion an. Auch die Tiergesundheit und damit eine möglichst natürliche Ernährung spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Je länger die Tiere leben, desto kleiner fallen die Emissionen aus, da weniger Tiere für die Nachzucht gehalten werden müssen.
Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen
Als langfristiges Ziel steht der Schutz der Kohlenstoffvorräte in Ökosystemen ganz oben auf der Agenda. Die Landesregierung hat deshalb das neue Programm Biologischer Klimaschutz aufgelegt, um entsprechende Vorhaben zu fördern. Ziel des Programmes ist es, bis 2030 in SH die CO2-Emissionen um bis zu 717.500 Tonnen CO2- Äquivalenten pro Jahr zu reduzieren. Das passiert in drei Handlungsbereichen: Wiedervernässung von Mooren, Naturwaldbildung und Umwandlung von Acker in Grünland.
Für die Umsetzung des Programms hat die Landesregierung bisher gut 10 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Damit sollen beispielsweise Nutzungs- und Vernässungsrechte in Schwerpunktbereichen innerhalb der Moorkulisse des Landes erworben werden. Damit können zusammenhängende Moorbereiche klimaoptimiert wiedervernässt werden, um die Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren und zudem die Biodiversität zu fördern.
Laut einer Studie, die die Klimawirksamkeit der Waldmoore untersucht nehmen Waldmoore in Schleswig-Holstein eine Gesamtfläche von rund 15.000 Hektar ein. Das sind etwa 12 Prozent der landesweiten Moorfläche und rund 9 Prozent der gesamten Waldfläche. Der überwiegende Anteil der Waldmoore ist entwässert und weist heute eine ungünstige Klimabilanz auf. Wird der Wasserstand in diesen Waldmooren wieder erhöht, können bis zu 80 Prozent der Emissionen eingespart werden. Auch wenn der überwiegende Teil dieser Wälder anderen Eigentümern gehört, für die Naturwälder der Stiftung Naturschutz berechnet die Studie ein Reduktionspotential von 10. bis 13.000 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr. Für die Wälder der Landesforsten gibt die Studie mit 31. bis 32.000 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr ein etwa doppelt so großes Potenzial an.
Ernährungsgewohnheiten im Wandel
Heute essen wir von fast allem mehr – außer Brot und Kartoffeln. Diese Lebensmittel, und vor allem die Kartoffel, landen heute in viel kleineren Mengen auf dem Teller.
Pro-Kopf-Konsum von Lebensmitteln in Deutschland in den Jahren 1900 und 2019 (in Kilogramm)

So viel geben Menschen für ihre Ernährung aus
In Deutschland geben wir durchschnittlich 10,6 Prozent unseres Einkommens für Lebensmittel aus. Damit steht Deutschland im internationalen Vergleich nach den Vereinigten Staaten auf Platz 2. Und gehört zu den wohlhabenderen Ländern, in denen sich Menschen neben der Grundversorgung häufiger Luxusgüter leisten können. In anderen Regionen der Welt müssen Menschen einen weitaus größeren Anteil ihres verfügbaren Einkommens für Nahrung ausgeben.
Ausgaben für Nahrungsmittel vom durchschnittlichen Einkommen in Prozent

Saisonal und regional essen: gesund, lecker, nachhaltig
Das Angebot in manch einem Supermarkt ist nahezu überwältigend. Das hat Vorteile. Für jedes noch so raffinierte oder exotische Rezept findet sich die passende Zutat. Und für jeden Appetit das passende Produkt. Wir können fast alles zu jeder Jahreszeit haben. Die Kehrseite des riesigen Angebots und der ständigen Verfügbarkeit: Die Transportwege der Importware, Lagerung und Kühlung sowie der Anbau in Treibhäusern belasten das Klima. Klar können wir Weintrauben im Frühling und Erdbeeren im Winter essen. Aber müssen wir auch? Und hat saisonales und regionales Obst und Gemüse nicht auch Vorteile?
Wer im Einklang mit den Jahreszeiten isst, profitiert gleich mehrfach. Saisonales Freilandgemüse weist oft weniger Rückstände von Pflanzenschutzmitteln auf als importierte Produkte. Auch ist es frischer und aromatischer, da hier Lagerung, Transport und Kühlung reduziert werden. Oder bestenfalls ganz entfallen. Somit sparen heimische Produkte auch viel Energie und tragen zum Klimaschutz bei. Auch wenn regionale Produkte außerhalb der Saison in beheizten Gewächshäusern angebaut werden, verbrauchen sie bis zu 30-mal mehr CO2 als Freilandprodukte. Wer also saisonal und regional einkauft, isst gesünder und schont das Klima. Und das geht ganz einfach.
Praktische Einkaufshilfe: der Saisonkalender
Mit dem Saisonkalender bietet die Verbraucherzentrale eine nützliche Einkaufshilfe. Der Saisonkalender zeigt auf einen Blick, welche Produkte zu welcher Jahreszeit bei uns wachsen – und wann nicht. Zudem zeigt er, welche Produkte in Gewächshäusern reifen oder über den Winter gelagert werden.
Den Saisonkalender gibt es hier zum Herunterladen und Ausdrucken:
Alles-Esser in der Mehrheit
In Deutschland essen die meisten Menschen alles. Mit 74 Prozent bilden sie die große Mehrheit. Vegan ernähren sich hingegen nur 2 Prozent der Bevölkerung. Immerhin verzichtet aber bereits gut ein Viertel der Bevölkerung auf Fleisch.
Anteil fleischloser Ernährung in Deutschland (nach Bundesland in Prozent)

Jugendliche essen zu viel Fleisch
Frisches Obst und Gemüse, aber auch Getreideprodukte stehen bei Jugendlichen ganz oben auf dem Speiseplan. Fleisch hingegen ist überrepräsentiert: Jugendliche essen wöchentlich doppelt so viel Fleisch wie empfohlen. Doch der Trend unter jungen Menschen geht in Richtung vegetarischer und veganer Ernährung: Laut einer Online-Befragung im Auftrag der Böll-Stiftung wächst der Anteil an Jugendlichen und jungen Erwachsenen (15-bis 29-Jährige), die auf Fleisch verzichten. Denn für viele junge Erwachsene ist die Verringerung ihres Fleischkonsums eine politische Einstellung.
Hier geht zum Fleischatlas 2021: Jugend, Klima und Ernährung
Die Superhelden von Nebenan
Superfoods liegen im Trend. Ob als Smoothie, im Salat oder in der Bowl – Chiasamen, Acai-Beeren und Avocados dürfen bei den leckeren Vitaminbomben nicht fehlen. Doch Superfoods müssen nicht vom anderen Ende der Welt kommen. Auch wenn Johannisbeere, Apfel, Walnuss & Co. neben Quinoa und Acai-Beere eher ordinär wirken, stehen sie den importierten Superfoods in nichts nach. Sondern sind selbst welche. Sie sind reich an Vitaminen und Nährstoffen, sind viel günstiger und verursachen sehr viel weniger CO2-Emissionen.
Leinsamen statt Chiasamen
Leinsamen enthalten sehr viel Omega-3-Fettsäuren und Magnesium, wirken entzündungshemmend und positiv auf die Herzgesundheit. Zudem wird ihnen aufgrund der enthaltenen Lignane eine positive Wirkung auf das Hautbild nachgesagt.
Schwarze Johannisbeere statt Goji-Beere
Schwarze Johannisbeeren sind reich an Vitamin C und Anthocyanen. Diese wirken entzündungshemmend und wehren zellschädigende Stoffe ab. Durch den hohen Ballaststoffgehalt wirken diese kleinen Beeren verdauungsfördernd und eignen sich für die Ernährung zur Gewichtsreduktion.
Walnuss statt Avocado
Walnüsse sind reich an Antioxidantien, die vor vielen Krankheiten schützen. Diese Nüsse unterstützen außerdem Blutfettwerte und haben positive Effekte auf Lern- und Gedächtnisleistung. Und das sind nur einige wenige positive Eigenschaften dieser Supernuss.
Äpfel und blaues Obst statt Acai-Beeren
Blaue und violette Obstsorten wie zum Beispiel Heidelbeeren enthalten Anthocyane, die bei regelmäßiger Einnahme den Cholesterinspiegel senken und vor freien Radikalen schützen können. Damit sind sie genauso gesund wie Acai-Beeren und weisen zudem einen hohen Magnesiumgehalt auf.
Hafer und Hirse statt Quinoa
Das glutenfreie Quinoa wird für das enthaltene wertvolle Protein und den hohen Eisengehalt geschätzt. Da kann die Hirse als heimisches Superfood durchaus mithalten. Hafer punktet hier zwar nicht mit Glutenfreiheit, dafür aber mit guter Verträglichkeit und einem hohen Gehalt an Protein.
Fördern
Bio-Landwirtschaft bekommt Rückenwind
Mithilfe des Aktionsplans zur Förderung der Bio-Landwirtschaft soll ein Viertel der Fläche in der Europäischen Union ökologisch bewirtschaftet werden. Aber auch die Bio-Aquakultur erhält Unterstützung. Mit der Ökolandbauoffensive sollen diese Ziele auch in Schleswig-Holstein erreicht werden. Für Schleswig-Holstein wird bis zum Jahr 2030 als Zwischenziel angestrebt, zunächst mindestens 15 Prozent (= 148.000 Hektar) Ökolandbaufläche dauerhaft zu etablieren. Vom derzeitigen Stand ausgehend bedeutet dies einen Zuwachs um 8,4 Prozentpunkte (ca.70.000 Hektar).
Beratungsangebote für Landwirt*innen
Die Landwirtschaft ist ein großes und komplexes Feld. Da können sich schon mal offene Fragen für Landwirt*innen ergeben. Zum Beispiel zur Umstellung auf die Bio-Landwirtschaft. Zum ökologischen Landbau, Einsatz von Technik, Düngerverordnungen, Versicherung, Unternehmensführung, Ausbildung und vielen weiteren Themenbereichen bietet die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (LKSH) ein breites Beratungsangebot. Und greift Landwirt*innen tatkräftig unter die Arme. Um die durch die Landbewirtschaftung entstehenden Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren und die Energieeffizienz zu steigern, bietet Schleswig-Holstein seit 2016 eine einzelbetriebliche Klima- und Energieberatung für landwirtschaftliche und Gartenbau-Betriebe im Rahmen des ELER-Programms „Nachhaltige Landwirtschaft“ an. Die Kima- und Energieeffizienzberatung wird von der Ingenieurgemeinschaft für Landwirtschaft und Umwelt (IGLU) durchgeführt.
Aktivieren
Ausgezeichnete Produkte aus Schleswig-Holstein
Wer regionale Produkte kauft, spart Transportwege, Energie für Treibhaus, Lagerung und Kühlung und damit viel CO2. In Schleswig-Holstein sind diese Produkte sogar ausgezeichnet. Mit dem Gütezeichen der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein.
Gutes von Schleswig-Holsteinischen Höfen
Informationen über heimische Produkte, alle Angebote der regionalen Höfe bis hin zu Veranstaltungen gibt es auf dem Direktvermarktungsportal „Gutes vom Hof“. Mit integriertem Online-Shop für regionale Produkte von schleswig-holsteinischen Höfen.
Regional essen: Feinheimisch lecker
2007 wollten sieben Gastronomen zeigen, dass man mit einheimischen Produkten aus Schleswig-Holstein gut, hochwertig und nachhaltig kochen kann. Heute gehören dem Verein etliche Produzenten und Förderer an. Mitglieds-Gastronomien kochen mit mindestens 60 Prozent regionalen Zutaten. Gut für regionale Betriebe, gut für die Umwelt, genussvoll für Gäste.
Regional Lebensmittel retten: Too Good To Go
Ein Drittel aller Lebensmittel wird verschwendet. Dabei könnten sie problemlos verwendet werden. Gastronomien, Bäckereien oder Supermärkte können Überschüsse oft nicht mehr verkaufen – diese landen auf dem Müll. Das Unternehmen Too Good To Go will das ändern und bringt Betriebe mit Käufer*innen der übriggebliebenen Lebensmittel zusammen. Betriebe generieren Einnahmen und entsorgen weniger. Und Kund*innen erfreuen sich an leckeren und günstigen Lebensmitteln und Gerichten. Per App finden, reservieren und bezahlen sie übriggebliebene Lebensmittel und holen sie abends ab.
Regional einkaufen: Marktschwärmer
Das Netzwerk Marktschwärmer schafft Vernetzung zwischen Erzeugern und Verbrauchern – mit direktem Zugang zu regionalen Erzeugnissen und fairen Preisen. Diese legen die Erzeuger nämlich selbst fest. Kund*innen bestellen online und holen ihren Einkauf in lokalen „Schwärmereien“ ab. So profitieren sie von frischen, regionalen Lebensmitteln und einer nachhaltigen Grundversorgung.
Alles rund um den Fisch
An den Küsten von Nord- und Ostsee ist die Fischerei zuhause, aber die jahrelange Überfischung, die hohen Nährstoffeinträge durch die Landwirtschaft und der Klimawandel bedrohen die Fischbestände. Umso wichtiger ist es, Fisch nachhaltig zu konsumieren und sich darüber zu informieren, woher der Fisch auf dem Teller kommt. Interessierte erfahren hier alles über regionale Betriebe, Fisch und Fischerei in Schleswig-Holstein.
